Nord im NRW-Viererpokal

Am Wochenende stand in Kamp-Lintfort der NRW-Viererpokal an. Dieses Jahr mit neuem Modus: Der Verbandsviererpokal Ruhrgebiet wurde abgeschafft, stattdessen werden die Qualifikanten aus den Bezirken in 4er-Gruppen aufgeteilt die dann Samstags gegeneinander antreten. Die Sieger durften dann auch am Sonntag antreten.

Samstag von Kevin Schmidt

Wir wurden in die Gruppe mit den Schachfüchsen Kempen, dem OSC Rheinhausen und dem Gastgeber Turm Kamp-Lintfort eingeteilt. Bei der Auslosung bekamen wir es mit dem nominell einfachsten Los, den Schachfüchsen Kempen zu tun. Die Paarungen sahen wie folgt aus
Benjamin Nachbar (2137) – Swemers (1964)
Andre Krüger (2108) – Barz (1953)
Holger Heimsoth (2078) – Elser (1796)
Kevin Schmidt (1830) – Steingrobe (1875)

Außer an Brett 4 also eigentlich recht deutliche Favoritenrollen für unsere Spieler.
Holger erwischte aber keinen guten Tag und kam im Abtauschfranzosen nicht gut aus den Startlöchern. Nach Abtausch seines weißfeldrigen Läufers in Kombination mit f6 waren seine weißen Felder ein ständiger Unruheherd. Er konnte sich anschließend über einen kleineren Bauernsturm am Damenflügel etwas konsolidieren und bot Remis. Dieses wurde vom Gegner nach einigem Überlegen auch angenommen.
Andre hatte recht schnell einen Bauern mehr, doch musste er dafür einen herben Entwicklungsnachteil hinnehmen. Sein Gegner war voll entwickelt, während Andre noch nicht rochiert hatte und sein Läufer auf c8 immernoch nach einem guten Feld suchte. Diesen Vorsprung nutzte sein Gegner zu einem fulminanten Turmopfer, dass bei Annahme zum sofortigen Matt geführt hätte. Doch Andre schaffte es, allen Drohungen zum Trotz noch mehr Material zu gewinnen und seine Stellung zu konsolidieren. Nach einem weiteren Patzer seines Gegners hatte er gewonnen.
Der Berichterstatter tat sich im Abtauschfranzosen einigermaßen schwer. Nach dem Entwickeln der meisten Figuren stellte sich die Frage: „Wie weiter?“ Diese Frage wurde in meinen Hirnwindungen äußerst ausführlich diskutiert, bis ich schließlich über meinen 15. Zug eine volle Stunde nachgedacht hatte und ich immernoch nicht zu einem schlüssigen Ergebnis gekommen bin. Da die Zeit davonlief spielte ich meinen ersten Kandidaten, der mich aber nicht wirklich überzeugte. Nach einem Abwartezug überlies ich dem Gegner das Denken. Zu diesem Zeitpunkt stand er mit schwarz schon sehr komfortabel. Doch just in diesem Moment stellte mein Gegner eine Qualität ein. In der Hoffnung doch noch das Ruder rumzureißen opferte er gleich 2 Leichtfiguren, doch der Angriff war recht leicht abzuwehren. Also auch ein, wenn auch glücklicher, voller Punkt an Brett 4.
Wir waren also schon weiter, doch Benjamin hatte noch Ambitionen an Brett 1. Zeitgleich zu meinem Partiegewinn konnte er aus seinem Stellungsvorteil auch materiellen Vorteil erwirtschaften und konnte einen Mehrbauern erobern. Doch aufgrund der geschlossenen Stellung und des ungleichfarbigen Läuferpaars war ein Sieg hier noch in weiter Ferne. Die einzige Chance bot sich mit einem Doppelbaueropfer, damit Benjamins Türme in die gegnerische Festung eindringen konnten. Nach weiterem zähen Verlauf reichte dies sogar noch zum Sieg, was uns einen starken 3,5-0,5 Sieg bescherte.
Am Sonntag ging es gegen Turm Kamp-Lintfort, die sich denkbar knapp gegen Rheinhausen durchsetzen konnte. Da Andre, Holger und ich Mannschaftskämpfe zu bestreiten hatte und Benjamin arbeiten musste, erwartete diese eine komplett umgestellte Mannschaft. Hiervon berichtet im Anschluss Ilja Ozerov.

Sonntag oder Unglaublich! von Ilja Ozerov

Am Sonntag ging es erst einmal spannend los. Der aufgrund der Doppel-Schachnacht etwas an Schlafmangel leidende Berichterstatter hatte die Aufgabe unser erstes Brett Vitaly „Vater“ Zatonskih in Bochum abzuholen. Dummerweise wusste ich nicht, dass der Hustadtring in Bochum gesperrt ist. So verließ ich mich auf die Umleitungsschilder „U3“, die mir, so nahm ich an, den Weg zum Hustadtring weisen. Als ich nach einer Weile jedoch ein gelbes Straßenschild mit Aufschrift Bochum und einem roten Streifen von links unten nach rechts oben sah, wusste ich, dass es ein fataler Fehler war, der Stadt Bochum zu vertrauen.

Glücklicherweise haben sich die U3-Scherzbolde in Grenzen gehalten, so dass ich mich nach 20 Minuten Kurzausflug mit gefühlt mindestens genau so vielen roten Ampeln wieder an dem Ort befand, an dem ich das erste U3-Schild erblickt hatte. Zwischenzeitig rufte bereits der besorgte Daniel Hausrath an. Das Handy kaum 10 Sekunden am Ohr, kam wie gerufen auch schon die Polizei, worauf das Handy erst einmal im hohen Bogen unter dem Nachbarsitz verschwand. Glücklicherweise schaltete der Streifenwagen nicht auf Verfolgungsmodus, so dass ich das Handy unter dem Sitz hervorfischen konnte. Daniel, danke auch hier nochmal, regelte dann alles mit der Spielberichtskarte, die von Erwin Kraska ausgefüllt wurde (Danke auch dafür, Erwin!). Zudem organisierte Daniel Hausrath mir mein persönliches Navi Daniel „Unglaublich“ Fridman, der mich gekonnt in 147 Zügen an der Großbaustelle vorbeischleuste. Vielen, vielen Dank!

Mit Vitaly im Gepäck ging es dann (die Rückrichtung ist zum Glück nicht gesperrt) ohne Probleme auf die Autobahn. Dann raste ich mich Maximalgeschwindigkeit (die Tachonadel kratzte schon fast wieder an der Null) auf der zum (da ist es schon wieder) Glück weitläufig unbegrenzten A42 in Richtung Kamp-Linfort. Die Verspätung von nur knapp 10 Minuten kann man nach der Geschichte nur mit einem Wort beschreiben: Unglaublich!

Auch hier möchte ich mich noch einmal beim Ausrichter Turm Kamp-Lintfort bedanken, die so fair waren bis zu unserer Ankunft zu warten!

Nun zum Schachlichen, das vermutlich im Vergleich zur Vorgeschichte eher kurz ausfällt, da ich mich zum größten Teil auf meine Partie konzentrierte und mir leider auch die Partienotationen nicht vorliegen:

Hagen, Gunter (2194) – Zatonskih, Vitaly (2287)
Ozerov, Ilja (2025) – Westermann, Johannes (2171)
Sievert, Jan-Thorwald (2072) – Bosser, Heinz-Dieter (2023)
Mull, Thomas (2047) – Kraska, Erwin (1601)

Die gegnerische Mannschaft spielte wie am Vortag 1-4 am war damit leicht favorisiert. Der Kampf begann allerdings recht glücklich für uns, vielmehr für mich, da mein Gegner im zehnten Zug mehr oder weniger schon die Partie wegstellte. Nach einem Läuferopfer auf f7 hatte ich einen Mehrbauern und Schwarz einen König auf e7. In der Folge konnte ich noch einen Bauern gewinnen und die Damen tauschen, so dass das Ganze in einem Springerendspiel mit 7 gegen 5 Bauern endete, das es nur noch zu gewinnen galt.

In der Zwischenzeit hatte Erwin Kraska eine Figur für etwas Spiel weniger. Jan-Thorwald hatte, so weit ich es gesehen hatte, eine Qualität weniger, konnte diese aber mit Entwicklungsvorsprung kompensieren. Vitaly hatte eine mehr oder weniger ungefährdete Stellung, die der Gegner jederzeit hätte in Remisbahnen lenken können. Aufgrund der Situation an Brett 2 und der unklaren Lage an den anderen beiden Brettern entschloss er sich jedoch auf Gewinn zu spielen. So opferte er einen Bauern und drängte mit g4 und h4 die schwarzen Figuren in die Defensive. Letztendlich ging der Angriff jedoch nicht durch und Vitaly konnte seinen Materialvorsprung ins Endspiel retten.

Fast zeitgleich konnten Vitaly und ich dann unsere Vorteile verwerten und damit bereits den Mannschaftssieg nach Berliner Wertung sicherstellen. Leider konnten Jan und Erwin ihren Materialrückstand dann nicht mehr ausgleichen und mussten aufgeben.

Insgesamt ein knapper Sieg mit viel Glück, der diesen unfassbaren Tag und dieses „schach“gefüllte Wochenende auf noch nie dagewesene Weise abschloss.

Nun geht es am 01. Juni mit Runde 3 weiter.