Eine Ära geht zu Ende

Nach 20 Jahren ist der Schachverein Mülheim-Nord aus der Bundesliga abgestiegen. Am letzten April-Wochenende bot der Verein noch einmal alle seine Kräfte auf, um noch den Klassenerhalt zu schaffen, doch es half alles nichts, die notwendigen Punkte konnten nicht erzielt werden.

Nachdem es in der 13. Runde gegen den ebenfalls stark aufgestellten SK Kirchweyhe etwas glücklos nur zu einem 4-4 gereicht hat, wir in der 14. Runde gegen die Schachfreunde Deizisau chancenlos mit 1,5-6,5 eine deutliche Niederlage einfahren mussten, ging es in der letzten 15. Runde gegen den mehrfachen Deutschen Meister OSG Baden Baden.


Auf der Homepage der Schachbundesliga kann man zu diesem Kampf folgenden Bericht nachlesen:

Die Vertretung des SV Mülheim-Nord hegte die vage Hoffnung auf ein Wunder: ein Sieg über Baden-Baden, dazu Niederlagen von Deggendorf und Heimbach, und die Rettung wäre doch noch geschafft. Auf 2,2 Prozent taxierte das Liga-Orakel die Chance, dass diese Konstellation eintritt.

Würde das Liga-Orakel Schach verstehen, die Mülheimer Chance auf den Klassenerhalt hätte es nach rund zwei Stunden Spielzeit deutlich höher als diese 2,2 Prozent eingeschätzt. Theo Gungl hatte den ehemaligen Top-Ten-Spieler Sergei Movsesian am Wickel, und Volkmar Dinstuhl stand gegen die einstige Nummer zwei der Welt Alexei Shirov kurz davor, entscheidend durchzubrechen. Woher dagegen die vollen Punkte für Baden-Baden kommen sollten, erschien nicht so klar. Es kam dann doch, wie es beim Schach meistens kommt, wenn Favorit auf Außenseiter trifft. Über die Distanz setzen sich die Elo durch, auch wenn es lange nicht danach ausgesehen haben mag. Am Ende wurde es gar eine 1,5:6,5-Klatsche für Mülheim, das in der kommenden Saison die 2. Bundesliga Nord bereichern wird. Kleines, wahrscheinlich kaum linderndes Trostpflaster: Auch ein Sieg hätte Mülheim nicht gereicht, da Deggendorf und Heimbach ihre Kämpfe gewannen.“

Bemerkenswert ging es am vielbeachteten Brett 1 zu, an dem der für Mülheim spielende tschechische Ausnahmespieler David Navara gegen Deutschlands Nr. 1 Vincent Keymar spielte. In einer absoluten Remisstellung überschritt David Navara unachtsam die Zeit und verlor nach großartigem Kampf doch noch die Partie, eine Seltenheit im Weltklasseschach!

Wir möchten uns an dieser Stelle nicht nur für die Würdigung bedanken, sondern auch besonders für die langjährige Unterstützung der Schachbundesliga e.V., der uns immer hilfreich zur Seite gestanden hat.

Darüber hinaus ist der SV Mülheim-Nord seinen Stammspielern überaus dankbar. Viele von ihnen sind seit vielen Jahren, ja Jahrzehnten aufopferungsvoll für den SV Mülheim-Nord im Einsatz. Ein ganz besonderer Dank sei GM Daniel Fridman, GM Mihail Saltaev und GM Daniel Hausrath ausgesprochen. Sie waren schon in der ersten Bundesligamannschaft des SV Mülheim-Nord vor 20 Jahren gesetzt. Ein besonderer Dank gebührt aber auch Pavel Tregubov, Patrick Zeibel, Michael Feygin, Volkmar Dinstuhl, Valentin Buckels und Theo Gungl, die nicht nur über viele Jahre für unsere 1. Mannschaft zur Verfügung gestanden haben, sondern sich jetzt auch bereit erklärt haben, mit uns den Weg in die 2. Liga zu beschreiten. Hervorzuheben ist auch David Navara, der seit 2012 als Weltklassespieler treu für Mülheim-Nord am Spitzenbrett äußerst erfolgreich Punkte sammelte!

An dieser Stelle erinnern wir uns gerne auch an unseren Konstantin Landa, der ebenfalls von Beginn an in der Bundesliga für uns gespielt hat und leider viel zu früh 2022 verstorben ist.


Auch wenn der Abstieg für den Verein nach 20 Jahren Zugehörigkeit zur Bundesliga sehr bitter ist, so kam er doch nicht überraschend. In den letzten Jahren haben sich die Bedingungen einer erfolgreichen Teilnahme nachhaltig verändert. Der Schachverein Mülheim-Nord gehört noch zu den traditionell strukturierten Vereinen, die in allen Klassen vertreten sind, intensiv Jugendarbeit betreiben, Schulschachangebote unterbreiten, Sportevents der Stadt unterstützen und , dank der Unterstützung einiger Sponsoren, auch eine Bundesligamannschaft über 20 Jahre erfolgreich aufstellen konnten, die dann meist im mittleren Tabellenfeld die Saison beenden konnten. In sehr guten Jahren, in denen wir mehr Sponsorengeld akquirieren konnten, war es sogar möglich, weit oben mitzumischen. So wurden wir 2012/2013 und 2013/2014 zweifacher Deutscher Vizemeister. Dabei setzte der Verein immer überwiegend auf Bundesligaspieler aus dem regionalen Umfeld. In den letzten Jahren etablierten sich jedoch immer mehr Bundesligavereine, die darauf setzten mit extrem hohen Finanzmitteln, ja zum Teil Millionensummen, Spitzenspieler der absoluten Weltklasse aus fernen Ländern für die Bundesligaspiele extra einfliegen zu lassen. Mit traditionellen Schachvereinsstrukturen hat das unseres Erachtens wenig zu tun. Diese Entwicklung konnte und wollte der SV Mülheim Nord nicht mitmachen. Eine vereinsübergreifende Initiative, Zulassungskriterien zu vereinbaren, die für die Vereine zumindest Jugendarbeit, Breitensport und den Einsatz einer Mindestanzahl von vereinsinternen Spielern vorsah, scheiterte an juristischen Klagen.

Der SV Mülheim-Nord musste erkennen, dass er Spieler mit Weltklasseniveau wie z. B. Maxim Vachier-Lagrave, Alexander Motylev, Wladimir Potkin, Thai Day van Nyuyen, Daniel Dardha oder Max Warmerdam letztendlich aus finanziellen Gründen zu anderen Vereinen ziehen lassen musste.

Der SV Mülheim Nord wird nun den Weg in die 2. Bundesliga beschreiten und darauf hoffen, dass eine starke Mannschaft aufgestellt werden kann, die im oberen Tabellendrittel den Blick auf den Wiederaufstieg richten kann. Der SV Mülheim-Nord wünscht sich sehr, dass die bisherigen Sponsoren den Weg in eine erfolgreiche 2. Bundesliga mitgehen werden!

Gleichzeitig wird er jedoch weiterhin stark in seine Jugendarbeit investieren, denn immerhin verfügt der Verein über eine der größten Jugendabteilungen deutschlandweit. Und auch für Sportevents der Stadt wird er immer als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.