Es ist immer schade, wenn nach einem tollen Viererpokal auf Bezirksebene ein ernüchterndes Ergebnis auf NRW-Ebene folgt. Wie im vergangenen Jahr ist für Mülheim-Nord im Pokal bereits nach der ersten Runde Schluss.
Nach einer komplizierten Findungsphase fanden sich letztendlich beim Ausrichter Ratinger SK Holger Heimsoth, Marc Gruscinski, Klaus Beckmann und meine Wenigkeit ein. Nun schon im dritten Jahr kommt es zu einer Gruppeneinteilung, bei der erst am Samstag ausgelost wird, wer gegeneinander spielt. Die jeweiligen Sieger spielen dann Sonntag um den Gruppensieg. Bei der Gruppeneinteilung wird darauf geachtet, keine 2 Mannschaften aus dem gleichen Bezirk aufeinandertreffen zu lassen. In diesem Jahr würden wir es entweder mit dem Ratinger SK (Bezirk Düsseldorf), der Velberter SG (Bezirk Bergisch-Land) oder dem SV Dinslaken (Bezirk Wesel) zu tun. Es war bereits absehbar, dass rein nominell ein Weiterkommen schwer werden würde und man die besten Chancen wohl noch gegen Velbert haben würde. Stattdessen wurden wir gegen die stärkste Truppe, den SV Dinslaken gelost. Diese treten in der Oberliga gegen unsere zweite Mannschaft an. Alle 4 Spieler rekrutierten sich aus dieser Oberligamannschaft, während wir mit einem Regionalliga-, einem Verbandsliga- und 2 Verbandsklassenspielern antraten.
Wir hatten also keine Chance und die wollten wir nutzen.
In Namen und Zahlen ergaben sich folgende Paarungen:
SV Dinslaken – SV Mülheim Nord 3,5-0,5
IM Kern, Guido — DWZ: 2295 vs. Heimsoth, Sven-Holger — DWZ: 2012 1:0
FM Stillger, Bernhard — DWZ: 2188 vs. Schmidt, Kevin — DWZ: 1926 0,5-0,5
Walter, Andreas — DWZ: 2117 vs. Beckmann, Klaus — DWZ: 1781 1:0
Cebulla, Konstantin — DWZ: 2056 vs. Gruscinski, Marc — DWZ: 1685 1:0
Klaus war erst am Vortag von einer Teilnahme am Wettkampf überzeugt worden und hatte sich einem offenen Kampf statt einem langen Rumgeeiere verschrieben. Dummerweise konnte er das Schlachtfeld nie wirklich in die Hälfte des Gegners verlagern und konnte so nach etwas mehr als 20 Zügen eine verlorene Stellung aufgeben. Seine eigene Aussage trifft es wohl am Besten: „Ich opfer grad eine Qualität für Initiative des Gegners.“
Verwunderliches tat sich an Brett 2. Mein betitelter Gegner spielte mit Weiß eine eher zahme Damengambit-Variante und lies sich den schwarzfeldrigen Läufer abtauschen. In der Nachanalyse waren sich auch die Kiebitze einig, dass hier wohl eine Variante vertauscht wurde. Übrig blieb eine Stellung, in der ich mein Läuferpaar gut postieren konnte. Mein Gegner bekam jedoch die Möglichkeit, viel Material zu tauschen und dafür seine Springer unangenehm aufzustellen. Die Stellung befand sich aber weiter im Gleichgewicht. Die Erfahrung vergangener Partien zeigte meist, dass nominell klar stärkere Spieler aber auch solche Stellungen noch über Stunden kneten konnten. Umso mehr verwunderte mich das Remisgebot, dass ich mit Blick auf die weiteren Bretter dankend annahm. (Persönliche Beweihräucherung: Zum ersten Mal was Zählbares gegen einen Titelträger.)
Die beiden weiteren Partien gingen bis zur ersten Zeitkontrolle nach ca. 4 Stunden Gesamtbedenkzeit.
Holger musste sich schon früh einem Damenflügelangriff erwehren und sah aus Zuschauersicht nicht glücklich aus, nachdem er bereits seine Figuren zurückentwickeln musste. Nach der Partie waren sich aber beide Spieler einig, dass dies noch sehr in Ordnung war. Allgemein hatte man den Eindruck, dass Schwarz immer die Initiative behielt, aber in seinem Streben auf Sieg Holger so manche Chance für Gegenangriff und Konsolidierung bat. In beiderseitiger Zeitnot hätte man dann fast auf die Idee verfallen können, dass Holger doch noch die Überraschung schaffen würde und seine Stellung irgendwie überlebte, doch als dann die gegnerischen Türme auf die Grundreihe sowie die 2. Reihe unter Bauerngewinn kamen, gab es nichts mehr zu bestellen. Schade!
An Brett 4 hatte Marc seine geliebte Reti-Variante aufs Brett gebracht, die sich durch aktives Springerspiel in Verbindung mit einem fianchettierten Läufer auszeichnet. Wie auch Freund und Trainer GM Daniel Hausrath gerne mal praktiziert, flogen die Springer nur so über das Brett, doch es schien gerne mal etwas wenig zielführend. Als die Springer dann irgendwann auf h3 und h4 angekommen waren, überkam den Berichterstatter doch das erste Mal ein leichtes Ziehen in der Magengegend. In Zeitnot beider Spieler öffnete der Dinslakener Spieler die Stellung, was auch zu einer eher zweifelhaften Verteidigung für Marc führte. Doch plötzlich erhellten sich meine Gesichtszüge: Marc konnte einen Qualitätsgewinn forcieren, wofür sein Gegner einen vorgerückten Freibauern bekommen hätte. Ob das nun gewonnen, Remis oder sonst was war, erstmal sekundär: Marc könnte auf jeden Fall gut weiterspielen. Doch der Moment verstrich und Marc blieb mit 2 Minusbauern über, wobei zusätzlich der Freibauer trotzdem auf schwarzer Seite stand. Diese Stellung war auch bei bestem Willen nicht mehr zu kitten und die hohe Niederlage stand fest.
Auf dem Papier sieht die Niederlage natürlich mit 0,5-3,5 sehr deutlich aus, doch irgendwie beschlich einen doch das Gefühl, dass trotz noch so krasser Außenseiterposition zumindest ein deutlich knapperes Ergebnis drin war. Sei es drum, in der kommenden Saison kann hoffentlich der nächste Anlauf auf NRW-Ebene gestartet werden, wieder mal die erste Runde zu überleben.
Kevin Schmidt