Nord 4 – „Schach kann so ungerecht sein“

Mit diesen Worten beendete Benjamin Nachbar als Letzter um 20:30 Uhr den Mannschaftskampf der 4. Mannschaft gegen Günnigfeld. Doch bis zu diesem Satz waren es spannende 6,5 Stunden.

Wir mussten wieder auf einen Ersatzmann zurückgreifen, da gleich 5 Spieler absagen mussten. Kurzfristig stand Rafael Reinhard zur Verfügung.

Br. Rangnr. SV Mülheim-Nord 4 Rangnr. SV Günnigfeld 1 4,5:3,5
1 25 Kahleys, Kevin 1 Freisen, Thomas ½:½
2 26 Nachbar, Benjamin 3 Markus, Peter 1:0
3 29 Sokalskaja, Elena 4 Radi, Günter 1:0
4 4001 Stoer, Agnes 5 Funke, Eckhard ½:½
5 4002 Schmidt, Kevin 6 Bender, Markus 0:1
6 4003 Bartelt, Max Peter 7 Brinkmann, Uwe 1:0
7 4004 Schürmann, Jan 8 Brandhoff, Gerd 0:1
8 39 Reinhardt, Raphael-Timon 11 Gödeke, Ralf ½:½

Den Anfang machte Agnes, die sich mit f4 und d4 zwar solide aufbaute, aber auch die weißen Felder ihrem Gegner überließ. Diese nutzte er auch für Raumgewinn aus, doch war ihm der von Agnes angebotene Bauer ein zu großes Risiko. Stattdessen wurden die Leichtfiguren vom Brett getauscht und das entstehende Schwerfigurenendspiel war völlig ausgeglichen. Ehe einer der Spieler die Brechstange ansetzen konnte einigte man sich auf Remis.

In Führung brachte uns unser Jüngster Max Bartelt. Obwohl er in der Doppelfiancetto-Eröffnung das Vollzentrum des Gegners zuließ, war er es, der auf Angriff spielte. Das Zentrum erwieß sich als zu wackelig und so gewann Max einen Bauern und durch eine nette taktische Folge einen ganzen Turm. Der dritte Sieg im dritten Spiel für die Verbandsklassenmannschaft!

Kevin hatte an Brett 1 eine Französisch-Variante auf dem Brett, bei der er früh mit Db6 fehlgriff, wonach die Initiative beim Weißen blieb. Dieser konnte sowohl den rückständigen Bauern angreifen als auch die offene c-Linie besetzen. Nur unter größten Mühen konnte Kevin durch seine gute Figurenkonstellation das Gleichgewicht halten. Es entstand eine Art positioneller Zugzwang, in dem sich beide Spieler auf Remis einigten.

Den Kampf in die falsche Richtung brachten sowohl ich als auch Jan.

Ich hatte nach einer ungewöhnlichen Damenbauerneröffnung relativ viel Material getauscht, dabei aber die schwächsten Figuren des Gegners vom Brett genommen und mir dabei auch noch Felderschwächen am Königsflügel eingehandelt. Dem Angriff des Gegners wurde zwar so zäh wie möglich entgegengesehen, doch Gegenspiel war lange nicht in Sicht. Erst unter Qualitätsopfer und in beiderseitiger Zeitnot hätte ich die eine oder andere Chance auf Remis bzw. Kompensation finden können, doch mit 40 Sekunden auf der Uhr war kaum mehr ein klarer Gedanke zu fassen. So erfüllte ich zwar die Zugpflicht bis zum 40. Zug, doch die Stellung war nun leider völlig aussichtslos.

Bereits zuvor hatte Jan das Remisgebot seines Gegners abgelehnt, danach aber Probleme, seine Siegambitionen  zu untermauern. Stattdessen unterlief ihm ein Missgeschick, was ihm eine Qualität und damit die Partie kostete. Erneut sehr ärgerlich für ihn.

Es liefen noch 3 Partien und diese wurden nun auch bis in die Abendstunden weitergeführt.

Rafael hatte es mit einer geschlossenen Stellung, dem Hippopotamus, zu tun. Diese sieht zwar für den Zuschauer sehr passiv aus, doch Weiß hat es in der Regel auch sehr schwer, diese Stellung aufzuknacken und muss jederzeit aufpassen, nicht ausgekontert zu werden. Obwohl wir noch zurücklagen empfahl ich das Remisgebot um ca. 19 Uhr anzunehmen, da sich auf den anderen Brettern bessere Siegchancen abzeichneten und Rafael nur unter großem Risiko hätte auf Sieg spielen können.

Beide übrigen Spieler, Olena und Ben, machten bereits klar, dass sie ihre ausgeglichenen Stellungen in Einzelturnieren oder bei anderem Zwischenstand Remis geben würden.

Doch gerade Olena ist für ihre kämpferischen Qualitäten bekannnt und so presste sie ihrem Gegner zunächst im Turm/Springer-, dann im Springerendspiel einen Bauern ab. Dieses wandelte lange an der Remisbreite, doch mit Mehrbauer konnte Olena beliebig lange pressen. Und so klappte es gegen 20 Uhr doch noch, den Durchbruch zu schaffen und somit den Mannschaftskampf auszugleichen.

Währenddessen verwaltete Ben über Stunden eine lange sehr trostlose Stellung. In der Eröffnung erlaubte sich sein Gegner eine Ungenauigkeit mit Lf5 (statt Le6). Benjamin hatte 2 prinzipielle Möglichkeiten darauf zu reagieren: den Läufer unter Beschuss nehmen oder um ihn herum spielen. Er entschied sich für Letzteres was sich aber im Nachhinein nicht als gewinnbringend herausstellte. So wurde viel abgetauscht und man landete nach der Zeitnotphase in einem Turm-Springerendspiel mit je 4 Bauern, was eigentlich keinerlei Gewinnchancen verhieß. Doch da wir noch lange in Rückstand lagen und nicht immer klar war, ob Olena ihr Endspiel würde verwerten können, spielte Ben weiter. Nach Abtausch der Springer sah es noch mehr nach Remis aus, doch durch einen verunglückten Bauernvorstoß in Verbindung mit einer verschlechterten Turmstellung gab es plötzlich ein echtes Ungleichgewicht in der Stellung (Weiß mit d- und f-Bauer, Schwarz mit f- und h-Bauer). Diese Stellung war wohl unter perfektem (quasi weltmeisterlichem) Spiel noch haltbar, doch für einen Menschen der sich bereits wieder Richtung Zeitnot bewegte, war die schwarze Stellung nicht zu halten. Der f-Bauer sollte es am Ende entscheiden und ein Zug bevor dieser einzog reichte der Gast aus Günnigfeld die Hand und wir hatten mit mehr Glück als Verstand den Hals aus der Schlinge gezogen.

Dieser Last-Minute-Sieg brachte uns Punkt- und Brettpunktgleich die Tabellenführung mit Rot Weiß Altenessen. Weiter gehts am 18. Dezember beim Oberhausener Schachverein.