Nordjugend verpasst um Haaresbreite den Aufstieg

Am 10. Juni stand als letzter Termin der 2016/2017-Saison die Aufstiegsrelegation zur Jugendverbandsliga auf dem Plan. Da sich unsere Jugendlichen der zweiten Mannschaften im letzten Jahr spielerisch und auch dwz-mäßig (was manch einem vielleicht sogar wichtiger ist) gut weiterentwickelt hatten sah ich es lohnenswert an, es nach 7 Jahren Pause (damals noch mit mir selber am Spitzenbrett) mal wieder zu versuchen.

Neben uns traten SV Unna, SF Essen-Werden sowie die 2. Mannschaft der SG Bochum an. Ein Blick auf die DWZ-Listen zeigte: Wir sind krasser Außenseiter. Da sich noch eine Mannschaft aus der Verbandsliga zurückzieht stiegen gleich 3 der anwesenden Mannschaften auf. Das Ziel war also klar: unter guten Umständen könnte ein einziger Sieg aus 3 Mannschaftskämpfen den Aufstieg bedeuten. Alles weitere wäre Bonus.

Unsere Mannschaft, die von mir, Igor Bekker und Frank Wißing beim Ausrichter SV Horst Emscher unterstützt wurde.

Im ersten Mannschaftskampf stand direkt das dickste Brett mit SG Bochum 2 an.

Ein Blick auf die Paarungen sagt alles:

Nord 2

DWZ

SG Bochum 31

DWZ

Ergebnis

Leif Günther

1185

Finke

1924

0,5:0,5

Stina Günther

1176

Venjakob

1568

1:0

Joel Oetelshofen

1029

Gerzen

1580

0:1

Elias Wißing

1018

Wolny

1654

0,5:0,5

Lion Rudi

998

Walker

1698

0:1

Viktoria Bekker

1046

Hofmann

1096

0:1

2:4

An fast jedem Brett waren wir deutlich im Hintertreffen. Was unsere Jugendlichen aber so aufs Brett brachten, sorgte bei den Umstehenden für freudige Überraschung.

Viktoria konnte in der Eröffnung eine Qualität gewinnen fiel aber auf ein mehr oder weniger beabsichtigtes Bauernopfer des Gegners rein, was ihre Dame von der wichtigen a1-h8-Diagonale weglockte. Matt war danach nicht zu verhindern.

Ähnlich bitter lief es für Joel, der aus Versehen oder wegen kurzzeitiger Unkonzentriertheit seinen Turm anfasste anstatt mit einem Bauern eine Figur zu gewinnen.

An Brett 2 kam es zu einer im Schach seltenen reinen Mädchenpartie.

Durch einen Bauernsturm am Königsflügel sowie ihren exzellenten Springer auf e4 konnte Stina ihre Gegnerin unter Druck setzen.

Und hier wurde grade mit f4! die Leichtfigur eingesammelt. Kurz darauf wurde es auch schon Matt.

Leider musste Lion die Waffen strecken. Zwar sah seine Englische Eröffnung sehr solide aus, es schien aber, dass ihm im Mittelspiel etwas die Ideen fehlten. Seine Gegnerin ist trotz ihres jungen Alters schon eine echte Veteranin, gegen die ich schon 2010 gespielt habe. Diese extra Erfahrung machte hier den Unterschied.

Eine große kämpferische Leistung brachte Elias. Anfangs spielte er zu schnell und stellte früh einen Bauern ein. Doch danach berappelte er sich, nutzte seine Zeit und seine Möglichkeiten und erkannte, dass er bei „normalem Spiel“ langsam verlieren würde und suchte sein Heil in der Flucht nach Vorne. Der entstandene Freibauer wurde zwar von seinem Gegner aufgehalten, doch dieser verlor wohl etwas die Nerven und stellte eine Qualität ein. Dafür hatte er aber zwischenzeitlich einige Bauern eingesammelt, sodass er sich mit Elias in beiderseits aufkommender Zeitnot auf Remis einigte.

DAS Highlight in Runde 1 setzte Leif. Gegen seinen 700 (!) Punkte höher gerateten Spieler brachte er eine hochkomplexe Stellung aufs Brett und sammelte sogar einen Bauern ein. Der zwischenzeitliche Damenflügelangriff lies mich kurz an Leifs Stellung zweifeln, doch weit gefehlt: alle wichtigen Figuren konnte er vom Brett nehmen. Mit nur noch wenigen Minuten auf der Uhr bot er mit einem Bauern mehr Remis an, was sein Gegner nach längerer Bedenkzeit auch annahm.

Alles hing, aber noch im Rahmen.

Nun gut, gegen diese Bochumer Mannschaft kann man mal verlieren. Aber an einem anderen Tag mit ein bisschen mehr Fortune…

In Runde 2 stand das Duell gegen die Schachfreunde aus Werden an, gegen die wir schon in der Bezirksliga angetreten waren und knapp verloren. Doch während wir dieses mal mit der (nominell) stärksten Mannschaft antraten fehlte urlaubsbedingt bei den Werdenern das Spitzenbrett.

Nord 2

DWZ

SF Essen-Werden

DWZ

Ergebnis

Leif Günther

1185

Hohlmann

1325

0:1

Stina Günther

1176

Travnikov

1303

1:0

Joel Oetelshofen

1029

Eggebrecht

1224

0:1

Elias Wißing

1018

Barthelmes

1098

1:0

Lion Rudi

998

Kolstö

1044

1:0

Viktoria Bekker

1046

Wiesebach

1042

0:1

3:3

Diesmal ging es deutlich besser los als gegen Bochum:

Lion und sein Gegner nahmen sehr schnell sehr viel Material vom Brett. Lion zeigte sich im Endspiel deutlich fitter und sammelte mit seinem Springer nacheinander 2 Bauern ein ehe dann auch noch eine Qualität vom Brett verschwand.

Fast genauso schnell gewann Elias. Seine Gegnerin entwickelte ihren Damenflügel zu spät sodass er dort Bauern gewinnen konnte. Die beiden verbundenen Freibauern auf der a- und b-Linie machten den Unterschied, denn um diese auch nur ansatzweise aufzuhalten musste seine Gegnerin Haus und Hof opfern.

Mit am Ende 2 Damen und einem Turm für die gegnerische Dame war der Tisch reich gedeckt.

Danach ging es aber leider 3x in die falsche Richtung.

Viktoria stellte gegen ihren für Werden spielenden Klassenkameraden leider eine Figur ein. Doch es bot sich zu einem kurzen Augenblick die Möglichkeit ihren Gegner am Königsflügel großem Druck auszusetzen. Ob das zum Sieg gereicht hätte vermag ich nicht zu beurteilen, aber es hätte deutlich mehr Schwierigkeiten für ihn bedeutet als in der Partie. Hier konnte Viktorias Gegner den Tausch von viel Material erzwingen und setzte schließlich matt.

Am Morgen dachte ich noch, die meiste Arbeit wäre für mich die Betreuung der Jugendlichen. Während der Partien musste ich aber vor allem Vater Bekker beruhigen der mit seiner Tochter und allen Kindern sichtlich mitlitt.

Ebenfalls die 0 stand diesmal bei Leif, der in gedrückter Stellung einen Zentrumsvorstoß wagte, der aber zu früh kam und einiges an Holz und damit die Partie kostete.

Damit nicht genug: durch die unglückliche Niederlage von Joel im Damengambit gerieten wir in Rückstand. Joel kämpfte vor allem mit der Zeitnot und später damit einhergehend mit 2 Bauernverlusten.

Alle Hoffnungen ruhten nun auf Stina, die ihre, aufgrund ihres Isolani auf d4, minimal schlechtere Stellung jetzt sogar auf Gewinn spielen musste. Zeitnot in Verbindung mit einer Grundreihendrohung sorgte bei ihrem Gegner für einen fatalen Flüchtigkeitsfehler, der ihm eine Figur und damit die Partie kostete.

Wir hatten es geschafft: 3:3 gegen Werden! Und aufgrund der 2 unerwarteten Brettpunkte gegen Bochum mussten wir im letzten Kampf vermutlich „nur“ knapp verlieren (oder auch gerne gewinnen 😉 ) um den Aufstieg zu schaffen.

Nord 2

DWZ

SV Unna

DWZ

Ergebnis

Leif Günther

1185

Korten

1325

0:1

Stina Günther

1176

Schweda

1303

0:1

Joel Oetelshofen

1029

Stawinoga

1224

0,5:0,5

Elias Wißing

1018

Muhr

1098

0:1

Lion Rudi

998

Bochyuck

1044

0:1

Viktoria Bekker

1046

D’Addetta

1042

0:1

0,5:5,5

 

Das Ergebnis sagt eigentlich schon alles: Vielleicht waren 3 Partien nacheinander (zwischen den Runden waren nur 5-10 Minuten Pause) noch zu ungewohnt, vielleicht war die meiste Konzentration schon aufgebraucht oder vielleicht war die Ankündigung, dass der Berichterstatter zur Pizzeria unterwegs war um die Belohnung für den Einsatz zu besorgen, auch ablenkend.

Beim letzten Mannschaftskampf unterliefen fast allen Spielern grobe Schnitzer. Von eingestellten Damen, über vernachlässigte Grundreihen oder auch plötzliche Matts auf g7 – fast alles was das Schach an Einstellern bereit hält: Unsere Jugendlichen brachten es aufs Brett.

Immerhin schaffte Joel das Ehrenunentschieden, was sowohl die Niederlage etwas weniger schlimm aussehen lässt als auch für ihn persönlich ein Erfolgserlebnis darstellte nach 2 unglücklichen Niederlagen.

Selbst diese hohe Niederlage hätte noch zum Aufstieg reichen können, wenn gleichzeitig die Werdener gegen Bochum ebenfalls mit 0,5:5,5 oder höher verlieren würden. Doch auch dieser letzte Strohhalm half nichts: Werden holte einen Sieg und ein Unentschieden, was sie mit einem Brettpunkt Vorsprung auf uns auf Platz 3 der heutigen Relegation vorschob.

Der Frust saß natürlich erstmal tief, hatte man sich doch gegen den Favoriten Chancen erspielt, dann eine tolle Ausgangslage nur um am Ende doch mit leeren Händen dazustehen.

Mit leeren Händen?

Mitnichten! Das große Pizzablech lenkte ab und sorgte für einen schönen gemeinsamen Abschluss in großer Runde.

Und wie schon der rosarote Panther sagte: Heute ist nicht alle Tage – Ich komm wieder, keine Frage.

Wir sehen uns nächstes Jahr wieder in Horst-Emscher!

Kevin Schmidt